2008 / Die verborgene Spur

Die verborgene Spur

Jüdische Wege durch die Moderne
7. Dezember 2008 bis 19. April 2009

Und wie lässt sie sich entdecken? Die Jubiläumsschau, unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, widmet sich der Wirkung jüdischer Kultur und jüdischen Lebens auf die Kunst der Moderne. Das Thema folgt einer grundlegenden Erfahrung, die die Tradition jüdischer Kultur bestimmt: Juden leben in Deutschland und anderen Ländern in der Diaspora (Zerstreuung). Der Grundgedanke des Konzepts beruht auf der Einsicht, dass sich diese Erfahrung in der gesamten jüdischen Kultur bis heute in zahlreichen Zeugnissen niedergeschlagen hat. Ausgewählte Bilder Felix Nussbaums werden mit etwa 100 Exponaten nationaler und internationaler Künstler in Beziehung gesetzt und machen neue Zusammenhänge deutlich.

Tradition – Akkulturation – Avantgarde 1850 bis 1933

Die Ausstellung setzt an in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit der Blütezeit der Kunst, die sich vor allem in den Metropolen Paris und Berlin herausbildete. Viele Künstler und Intellektuelle jüdischer Herkunft wurden zu Protagonisten einer dynamischen, spannungsreichen Entwicklung. Zu Anfang des Jahrhunderts kamen zahlreiche jüdische Künstler aus den Schtetln Osteuropas. Marc Chagall beispielsweise entwickelt eine neue künstlerische Sprache, indem er die mystische Welt der Chassiden in surrealistischen Bildkompositionen aufleben lässt. Chaim Soutine hingegen wendet sich von jüdischer Tradition ab. Künstler wie Max Liebermann oder Felix Nussbaum entwickeln sich aus einem säkularisierten Verständnis jüdischer Traditionen.

Bedrohung – Exil – Vernichtung

Die Machtergreifung der Nationalsozialisten setzte dieser Kultur ein jähes Ende und diffamiert die Avantgarde als »entartet«. In den Werken vieler Künstler und Schriftsteller wird Angst vor Verfolgung und Vertreibung zum Thema.

Neufindung und Dialog

Nach 1945 entwickeln vor allem die New York School und die School of London neue Bildsprachen, wobei von immigrierten Künstlern wichtige Impulse ausgehen. In den 40er-Jahren begründen zum Beispiel Barnett Newman und Mark Rothko den Abstrakten Expressionismus als Gegenentwurf zur europäischen Malerei. In London gestalten Künstler wie Lucian Freud und R.B. Kitaj ihre Figurationen gleichsam aus der »menschlichen Asche« heraus. Kitaj formuliert das Konzept einer »diasporistischen Malerei«.

Last der Erinnerung und Spurenaufnahme

Auch heute ist die Schoah in Werken jüdischer und nichtjüdischer Künstler präsent. Unterschiedliche Formen der Erinnerung an jüdisches Leben und ein durch die Schoah geprägtes kulturelles Gedächtnis stehen dabei im Fokus. Diese Spurenaufnahmen werden in der Ausstellung unter anderem durch Christian Boltanski oder Rebecca Horn repräsentiert.

Transit als globale Erfahrung

»Transit« bezeichnet im Kontext jüdischer Identität ursprünglich den Weg ins Exil und wird heute durch die Auswirkungen weltweiter Krisen zur globalen Erfahrung. Gleichzeitig bewegen sich immer  mehr Menschen zwischen unterschiedlichen kulturellen Kontexten. Für die Kunst bedeutet diese Situation eine intensive Verflechtung verschiedener kultureller Ausdrucksformen.

Territorien und offene Wege

Die zunehmende Globalisierung steht im Kontrast zu regionalistischen Tendenzen aber auch zu kulturellen und territorialen Auseinandersetzungen. Israel als Heimat und Bezugspunkt der Juden ist einer der Kulminationspunkte dieser Konflikte. Diese Prozesse werden von Künstlern wie Lary Abramson, Yael Bartana oder Pavel Wolberg kritisch begleitet und hinterfragt.