2009 / Loewenthal

Die Malerin Käthe Loewenthal und ihre Schwestern

Drei deutsch-jüdische Schicksale
22. November 2009 bis 7. Februar 2010
Felix-Nussbaum-Haus Osnabrück

Die Ausstellung im Felix-Nussbaum-Haus präsentiert Leben und Werk dreier Schwestern Anfang des 20. Jahrhunderts: die Malerinnen Käthe Loewenthal und Susanne Ritscher und die Photographin Agnes Schaefer. Aufgewachsen in einem aufgeschlossenen, modernen jüdischen Elternhaus gingen die drei Frauen eigene Wege in die künstlerische Selbstständigkeit. Während sich ihre künstlerischen Techniken unterscheiden, findet sich Verbindendes vor allem in ihren Schicksalen. Der beginnende Nationalsozialismus bedeutete für ihr Leben eine unwiderrufbare Zäsur.

Neben den Werken von Käthe Loewenthal wird erstmals auch eine größere Gruppe von Photographien Agnes Schaefers sowie eine kleine Auswahl von Arbeiten Susanne Ritschers gezeigt. Die Ausstellung erinnert somit nicht nur an das Werk einer bemerkenswerten Malerin, sondern zugleich an drei deutsch-jüdische Frauenschicksale der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Käthe Loewenthal

Im Zentrum der Ausstellung steht die 1878 in Berlin geborene Käthe Loewenthal, die ihre künstlerische Ausbildung konsequent vorantrieb und zwischen 1890 und 1914 bei Ferdinand Hodler, Leo von König und Adolf Hölzel studierte. Ab 1910 wohnhaft in Stuttgart feierte sie dort vor allem in den 1920er Jahren ihre größten Erfolge. Aufgrund der Verfolgung durch die Nationalsozialisten – bereits 1934 wurde sie mit einem Malverbot belegt – ist Käthe Loewenthal als Künstlerin nahezu in Vergessenheit geraten. 1942 wurde sie in einem Konzentrationslager im polnischen Izbica ermordet. Der Großteil ihres Werkes fiel im Zweiten Weltkrieg einem Bombenangriff zum Opfer. Ihr eindrückliches Landschaftswerk ist vorrangig in Pastellen und Aquarellen überliefert. Die zahlreichen Berglandschaften und Meeresbilder zeugen von der intensiven Auseinandersetzung mit den modernen Kunstströmungen ihrer Zeit und deren eigenwilliger Rezeption.

Agnes Schaefer

Die vier Jahre jüngere Schwester Käthe Loewenthals lebte von 1909 bis 1919 in Hellerau in Dresden, einem Zentrum der Reformbewegung in Deutschland. Agnes Schaefer begann unter dem Einfluss der mit ihr befreundeten Erna Lendvai-Dircksen, die sich später mit ihren Werken wie „Das deutsche Volksgesicht" von den Nationalsozialisten vereinnahmen ließ, zu photographieren. 1920 ließ sie sich im Lette-Haus in Berlin zur professionellen Photographin ausbilden. Um das Studium ihrer Kinder finanzieren zu können, wanderte sie 1923 nach Griechenland aus. Hier photographierte sie nicht nur die Touristen der Kreuzfahrtschiffe, sondern auch Künstler und Gelehrte, Griechen in folkloristischen Trachten und Landschaften. Im Herbst 1933 brach Agnes Schaefer in die Berge Griechenlands auf und kehrte nicht mehr zurück. Es wird vermutet, dass die Verzweiflung über die Machtergreifung der Nationalsozialisten in der Heimat ihren Lebensmut gebrochen hatte und sie sich selbst das Leben nahm.

Susanne Ritscher

Die jüngste Schwester Susanne Ritscher, geboren 1886, studierte Malerei in München und baute sich sehr früh ihre eigene künstlerische Existenz auf. 1912 kaufte sie sich von ihrem selbst verdienten Geld ein Fischerhaus auf Hiddensee. Nach ihrer Heirat 1915 und der Geburt ihrer beiden Kinder betätigte sich Susanne Ritscher kaum noch künstlerisch. Nur während ihrer Sommeraufenthalte auf Hiddensee nahm sie sich die Zeit zum Malen. Als sie 1944 deportiert werden sollte, tauchte sie nach einer Warnung mithilfe ihrer Kinder unter. Sie täuschte einen Suizid vor und überlebte – als einzige der drei Schwestern – auf einem Bauernhof bei Zwiefalten auf der Schwäbischen Alb. Später begann sie wieder zu malen, pflegte ihre Kunst jedoch mehr im privaten Rahmen.


Zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit Texten von Dr. Edith Neumann, Dr. Matthias Harder und Anne Sibylle Schwetter (48 Seiten, mit zahlreichen farbigen Abbildungen, ISBN 978-3-926235-30-5).

Kopfbild: Käthe Loewenthal, Blick von Vitte auf Hucke und Dornbusch (Ausschnitt), Aquarell, 23,1 x 28,3 cm, Privatbesitz